Gesellschaftliche Erwartungen, aber auch der eigene Anspruch zwingen Frauen in einen Spagat, der sie viel Zeit und Kraft kostet. Denn noch immer sind Frauen, auch wenn sie berufstätig sind, für den Löwenanteil von Hausarbeit und Kinderfürsorge zuständig. Sie spüren die gesellschaftliche und oft auch familiäre Erwartung, allem gerecht werden zu müssen, setzen sich aber auch selbst unter Druck: Ich will es schaffen, ich muss es schaffen! Es ist ein Spagat, der sie auslaugt, der Stress macht und an ihrem Selbstwertgefühl nagt, weil sie nicht alle Rollen, die der berufstätigen Frau, der Mutter, der Hausfrau, der Partnerin und Geliebten perfekt ausfüllen können. Die Angewohnheit, sich mit anderen Frauen zu vergleichen, verstärkt den Druck noch, vor allem wenn dabei jede nach außen den Eindruck erwecken will, sie habe ihr Leben immer voll im Griff.
Es sind innere Muster, denen viele Frauen folgen und die sie nicht nur Kraft, sondern auch Zeit kosten. Für männliche Zuschauer kann dieser Text ein verhelfen, ihre Partnerinnen besser zu verstehen und sie darin zu unterstützen, sich von diesen Mustern zu lösen. Doch das allein reicht nicht: Ehemänner und Väter müssen bereit sind, wirkliche Verantwortung für das gemeinsame Schiff Familie und Haushalt zu übernehmen.
Die Fürsorgerin
Ob Mutter oder nicht, die weibliche Eigenschaft der Fürsorge gilt als besonders nobel und wünschenswert. Mädchen und Frauen werden auch heute noch dazu erzogen, die Personen in ihrem Umkreis zu hegen und zu pflegen, sich für ihr Wohl verantwortlich zu fühlen und eigene Interessen hintan zu stellen. Sie kümmern sich um emotionalen Ausgleich, springen ein, wo immer es nötig ist und fühlen sich alles und jedes verantwortlich. Wenn etwas schief läuft, zermürben sie sich in Selbstvorwürfen, suchen die Schuld bei sich. Am Ende sind sie überlastet, geplagt von negativen Gefühlen, empfinden keine Wertschätzung für ihr Tun. So wird die größte Stärke der Frauen zu ihrer Achillesferse.
Wenn du dich ähnlich verhältst, kommst du an die Grenzen deiner Leistungsfähigkeit, du machst deinem Umfeld Vorwürfe, sie haben dich im Stich gelassen und dir immer mehr aufgebürdet. Doch nicht die anderen sind schuld. Es deine kulturelle Programmierung und deine Aufgabe, die unbewusste Fürsorglichkeit in eine bewusste Fürsorglichkeit zu wandeln. Unbewusst fürsorglich bist du, wenn du automatisch reagierst, bewusst fürsorglich bedeutet, dass du Entscheidungen triffst: Was will ich, was will ich nicht? Diese Entscheidung darf jeder treffen, auch du.
Du hast nicht unendlich Zeit zur Verfügung, entscheide, wofür du sie einsetzen und nutzen willst. Erlaube dir, nein zu sagen, wenn man eine Aufgabe an dich herausträgt und erlaube dir vor allem auch, deine eigene Zeit zu reservieren. Zeit, in der du dir selbst Fürsorge angedeihen lässt, du etwas tust, das dir gut tut und dich aufbaut. Und verteidige diese Zeit. Warte nicht damit, bis alles getan ist. Das wird nie sein und so wirst du nie zu deiner Zeit kommen. Wenn du für dich sorgst, wirst du ausgeglichen sein, fröhlich und belastbar. Das ist der größte Gefallen, den du dir und auch deinem Umfeld machen kannst.
Coachingtipp: Wie du leichter Nein sagen kannst
Die Gefällige
Kannst du anerkennen, was du gut gemacht hast oder bist du anhängig vom Lob und der Beachtung von anderen? Versuchst du, es allen recht zu machen in der Hoffnung, dass sie dich dann mögen? Dann hast du sicher auch schon gemerkt, dass das nicht funktioniert. Du kannst dich anstrengen, soviel du willst, du kannst bereit sein, nachzugeben, zu verzichten, doch du zahlst dafür einen hohen Preis. Deine Selbstachtung leidet, du verzichtest auf die Erfüllung eigener Bedürfnisse. Die Triebfeder für dein Tun ist nicht nur der Applaus von anderen, sondern vor allem auch die Furcht vor Missbilligung. Du möchtest nicht anecken, Entschuldigungen kommen dir leicht über die Lippen.
Was kannst du tun? Als allererstes: Verschwende deine Zeit nicht mit Grübeln. Denke nicht ständig darüber nach, wie das, was du tust und sagst, bei anderen ankommt. In den meisten Fällen erinnern sich diese schon gar nicht mehr an die Situation, über die du dir Sorgen machst. Wenn es dich trotzdem beschäftigt, dann frage nach. Das nächste: Höre auf Gedanken zu lesen und versuche nicht zu erahnen, ob jemand etwas von dir möchte. Wenn ja, soll er es sagen. Werde nicht vorher schon aktiv. Im Höchstfall kannst du nachfragen: Möchtest du, dass ich etwas unternehme? Doch ganz gleich, wie die Antwort ausfällt, du hast du dann noch die Möglichkeit, ja oder nein zu sagen.
Die Jongleurin
Kannst du auch viele Dinge parallel tun? Telefonieren und Geschirr spülen, deinem Kind etwas vorlesen und aufs Handy schauen, einen Text schreiben, gleichzeitig die Mails checken und darüber nachdenken, dass du den Klempern anrufen und einkaufen gehen musst? Bist du stolz darauf, eine Meisterin des Multitasking zu sein? Du fühlst dich produktiv, hast sogar den Anspruch, noch mehr zu leisten, verzichtest dafür sogar auf Zeiten der Muße und Entspannung. Lange Zeit wurde Multitasking als besondere Stärke der Frauen angesehen. Inzwischen aber weiß man, dass Multitasking das Gehirn übermäßig beansprucht, Stress verursacht und die Fehlerquote erhöht. Zeitnot und ein hohes Tempo charakterisiert ihren Alltag.
Mit dem Anspruch, vieles gleichzeitig erledigen zu können, ist die mangelnde Bereitschaft geknüpft, Verantwortung abgeben und Hilfe holen zu können. In dieser Erkenntnis liegt bereits der Ansatz zu einer Verbesserung. Über das Delegieren werde ich in einem der folgenden Videos sprechen. Doch etwas anderes ist noch wichtig: Ballast abwerfen. Frage dich, welche der Aufgaben du in Zukunft noch übernehmen willst, ob sie noch zu seinen Zielen und zu deiner Entwicklung passen. Das gleiche gilt für Termine, für Sachen, die du angesammelt hast und die heute nur noch Pflege benötigen. Es gilt für negative Gedanken genauso wie für Menschen, die sich runter ziehen und die dein Leben nicht bereichern.
Nimm dir Zeit für Ruhe und Entspannung, auch darüber werde ich in einem der nächsten Videos sprechen. Erlaube dir Zeiten ungestörten Arbeitens, erlaube dir, etwas ganz in Ruhe und in voller Konzentration zu erledigen.
Du bist nicht, weil du leistest, sondern, weil du bist.
Foto: Yolanda Sun, Unsplash
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