Emotionale Erpressung zerstört nahe Beziehungen. „Nach allem, was ich für dich getan habe, müsste es eine Selbstverständlichkeit sein, mir jetzt unter die Arme zu greifen.“ Wer seinem Gesprächspartner solche Worten entgegenschleudert, will die eigenen Interessen mit Drohung, Bestrafung und Kontrolle durchsetzen. Beim Angesprochenen regen sich Schuldgefühle, er gibt nach, weil er glaubt, nur so sein Gewissen beruhigen zu können. Die emotionale Erpressung tut ihre Wirkung. Besonders problematisch wird es, wenn aus der Abfolge von Druck und Zurückweisen ein Muster in der Beziehungskommunikation entsteht. Der Teufelskreis beginnt.
Emotionale Erpressung hat viele Gesichter
Nicht immer wird emotionale Erpressung als solche erkannt, denn sie kommt auch auf leisen Sohlen. Manch eine(r) versucht seinen Willen durchzusetzen mit Schmollen, Weinen und Trotzen oder lässt den Partner an einer Mauer des Schweigens abprallen. Andere spielen die Rolle des Märtyrers, sie setzen eine Leidensmiene auf und schützen Unwohlsein und Krankheit vor.
Wer die intimen Wünsche seines Gesprächspartners kennt, sei es Nähe, materielle Unterstützung, Anerkennung oder Liebe, wird die Erfüllung solcher Bedürfnisse vorgaukeln und sein Gegenüber auf diese Weise gefügig machen. „Wenn…dann“ lautet hier der Satz. Ein Spiel, das sich lange spielen lässt. Denn sobald das Opfer auf die Forderungen eingeht, schiebt der Erpresser weitere nach. Der Teufelskreis nimmt Fahrt auf.
Statt Bedürfnisse zu erfüllen, wird auch deren Verweigerung zum Machtinstrument der emotionalen Erpressung. Liebe und Zuwendung wird entzogen oder die Androhung ausgesprochen, den anderen im Stich zu lassen, ihn zu enterben oder ihm die erhoffte Unterstützung vorzuenthalten.
Wer die Kontrolle über einen anderen anstrebt, wird ihm mit Vorwürfen und unangemessener Schuldzuweisung das Leben zur Hölle machen oder ihm zumindest Spaß daran nehmen. Im Extremfall, wenn alle Register der emotionalen Erpressung versagen, folgt die Androhung von körperlicher Gewalt.
Woran du erkennst, dass du emotional erpresst wirst
Wenn die Beziehung funktioniert, können beide Partner ihre Wünsche und Bedürfnisse offen artikulieren. Im konstruktiven Gespräch findet sich eine Einigung oder ein Kompromiss. Anders bei emotionaler Erpressung.
Da überschreitet der Eine mit seiner Forderung die Grenzen des anderen. Er löst Unwohlsein, Angst und Schuldgefühle aus. In diesem Fall fühlst du dich dazu manipuliert, etwas tun zu müssen, das du eigentlich nicht willst, was über deine Kräfte geht oder deine persönlichen Interessen ignoriert. Und gleichzeitig fühlst du dich verantwortlich für die Gefühle des Erpressers. „Das kann ich ihm doch nicht antun.“
Deine Weigerung, dein Protest, dem Willen des anderen zu entsprechen, verhallen ungehört. Der Erpresser gibt dir zu verstehen, seine Wünsche seien gerechtfertigt und seine Motive die besseren. Er stellt seine Werte als allgemeingültig und unverrückbar hin und billigt dir keine eigene Meinung zu.
Gerne wird auch die Wahrheit verdreht, das Opfer ist böse, der Erpresser gut. Das kann bisweilen soweit führen, dass der Erpresser dem Opfer klarmacht, dass es krank oder verrückt ist. Dies ist ein vernichtender Schlag gegen das Selbstvertrauen und das Selbstwertgefühl des Opfers.
Eine solche Pathologisierung kommt besonders in Liebesverhältnissen vor, bei denen ein Ungleichgewicht der Bedürfnisse besteht. Aber auch Arbeitsverhältnisse sind davon betroffen. Ihre Grundlage sind Geheimnisse oder Schwächen, die das Opfer früher dem Erpresser anvertraut hat.
Was tun, wenn dein Gegenüber droht?
Schaffe Distanz, indem du den Raum verlässt. Nimm dir Zeit, wenn du mit einer Forderung konfrontiert wirst. Reagiere nicht sofort, sondern lass den Erpresser wissen, wann er mit einer Antwort rechnen kann. Auf diese Weise nimmst du das Heft des Handelns wieder in die Hand, du bist nicht länger Opfer.
Prüfe in Ruhe, auch im Gespräch mit Unbeteiligten,
- ob angedrohte Konsequenzen überhaupt eintreten werden (die meisten Drohungen werden nicht umgesetzt)und inwieweit du mit ihnen fertig werden könntest.
- welchen Teil der Forderungen deines Erpressers du erfüllen kannst und willst und welchen nicht.
- ob du für etwas Verantwortung tragen sollst, was nicht deine Aufgabe ist (z.B. für die guten Gefühle eines anderen, für sein Lebensglück).
- ob es sich bei Ihren erwachenden Gefühlen um zutreffende Schuld handelt. Das ist dann der Fall, wenn du etwas Schlechtes getan hast oder einer Person schaden wolltest.
- ob es sich um ungerechtfertigte Schuldgefühle handelt. Dann macht der Erpresser /die Erpresserin seine subjektiven Moral – und Wertevorstellungen zum Maß aller Dinge. Er erwartet, dass du dich diesen beugst. Such deine eigene Antwort auf die Frage „Wo steht denn geschrieben, dass ich …tun muss?“
- wie du dir ein mentales Schutzschild bauen kannst, das hilft, Angriffe und Wut auszuhalten.
Wie du dich vor emotionaler Erpressung schützen kannst
Gerade zu Beginn einer Beziehung ist man geneigt, den Wünschen des Partners nachzugeben, auch wenn man innerlich nicht zustimmt. Das ist nicht weiter schlimm, so lange es nicht die Regel wird und wenn es auf Gegenseitigkeit beruht, d.h. auch der Partner bereit ist, seine Interessen auch einmal zurückzustecken. Bleibt dies aus, wird der Raum für die eigenen Bedürfnisse immer kleiner, der Partner lernt, dass die seinen wichtiger sind. Und er wird es dann auch in Zukunft erwarten.
Hast du wirklich einen Fehler gemacht, bist du schuld am Unglück eines anderen, dann gestehe diesen Fehler ein und bereinige ihn oder schwäche zumindest die Folgen ab.
Mach dir bewusst, dass dir andere keine Schuldgefühle machen können: Wenn du dich schuldig fühlst, dann deshalb, weil du glaubst, etwas falsch zu machen, nicht richtig zu sein. Es liegt an dir, wie du darüber denkst.
Den Artikel, der die Seite des Erpressers/ der Erpresserin beschreibt, findest du hier.
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