Angst ist heute allgegenwärtig. Sie hat viele Gesichter: Menschen fürchten sich davor, den Anforderungen am Arbeitsplatz nicht standhalten zu können, den Job oder den Partner zu verlieren, krank zu werden oder einsam zu sein. Wer sich der Angst überlässt, wird hilflos sein wie das Kaninchen vor der Schlange. Und wer versucht, die Angst zu verdrängen, den wird sie beherrschen.
Wenig hilfreich ist es, sich selbst oder einem besorgten Gesprächspartner einzureden, die Angst sei unbegründet. Angst ist ein diffuses Gefühl und Gefühle lassen sich nicht mit Worten aus der Welt schaffen. Je mehr wir versuchen, die Stimme der Angst zum Schweigen zu bringen, umso lauter wird sie sich melden.
Was will die Angst mir sagen?
Wir sollten also nicht weiter im Nebel tappen, sondern den Mut haben, die Botschaften der Angst genauer zu betrachten und zu entschlüsseln versuchen. Angst will uns nicht unterdrücken, sondern uns aufmerksam machen auf etwas, was der Verstand nicht wahrnimmt. Sie will uns schützen vor Gefahren. Angst ist auch eine Kraft, die uns zum Handeln auffordern will.
Und dann…?
Mit den richtigen Fragen kommen wir weiter, z.B. mit einer und-dann-Fragenkette. Nehmen wir folgende Situation an: Eine Kundin hat sich von mir schlecht behandelt gefühlt und ist verärgert gegangen.
Die Fragenkette dazu:
Und dann? Sie wird sich beim Chef beschweren.
Und dann? Mein Chef wird mir kündigen.
Und dann? Ich bin arbeitslos und finde keine neue Stelle.
Und dann? Ich sitze auf einer Parkbank, bin mittellos und allein.
Was kann schlimmstenfalls passieren?
Gut, jetzt haben wir mit der letzten Antwort den Punkt gefunden, vor dem wir uns am meisten fürchten. Wir sollten aber mit der Beschreibung des größten Schreckensszenarios nicht stehen bleiben, sondern die Sache noch genauer betrachten. Schritt für Schritt.
Wie wahrscheinlich ist, was ich befürchte?
Bei dieser Frage kann uns jetzt unser Verstand eine Hilfe sein, denn jetzt geht es um die rationale Betrachtung der Situation.
- Wie wahrscheinlich ist es, dass sich die Kunden tatsächlich beschweren? Unwahrscheinlich. Der Prozentsatz von Kunden, die diesen Weg beschreiten, ist verschwindend gering. In den meisten Fällen bleibt es bei der Androhung.
- Wie wahrscheinlich ist, dass der Chef mir dann kündigt? Unwahrscheinlich. Ich habe bis jetzt immer gute Arbeit geleistet und mir nie etwas zu Schulden kommen lassen. Ich werde auch meine Sicht der Dinge darstellen und dies möglicherweise tun, bevor die Kundin das Gespräch sucht.
- Wie wahrscheinlich ist, dass ich keine neue Stelle finde? Unwahrscheinlich. Der Arbeitsmarkt ist im Augenblick gut. Ich kann lernen, meine Fähigkeiten in ein gutes Licht zu setzen. Und lernen, diese schriftlich und mündlich in passende Worte zu fassen. Vielleicht finde ich nichts, was mit meiner jetzigen Stelle vergleichbar ist, aber ich kann mein Geld immer verdienen.
- Wie wahrscheinlich ist, dass ich mittellos und alleine auf der Parkbank sitze? Unwahrscheinlich. Ich habe Freunde, die zu mir halten. Ich kann auf ein kleines finanzielles Polster zurückgreifen, das mir über eine kleine Zeit hinweghilft. Es gibt andere Wege, Geld zu verdienen…
Was kann ich tun, um zu verhindern, dass eintritt, was ich befürchte?
Statt passiv und starr darauf zu warten, dass meine Ängste und Sorgen wahr werden, hilft es, sich einen Handlungsplan aufzustellen, um das Befürchtete abzuwenden.
Im obigen Beispiel könnte das:
- Ich lerne, mit ungehaltenen Kunden besser umzugehen und ein gutes Beschwerdegespräch zu führen.
- Ich übe mich im Selbstmarketing und werde in Zukunft meinem Chef gegenüber deutlich machen, welche Fähigkeiten ich habe, was mir gelingt und was ich mir neu angeeignet habe. Dann wird er eine Kundenkritik in einem anderen Licht sehen.
- Ich werde mich proaktiv auf dem Arbeitsmarkt umsehen und meinen Marktwert testen, indem ich einige Bewerbungen schreibe.
- Ich lege ab sofort regelmäßig einen kleinen Betrag zur Seite, um mein finanzielles Polster zu vergrößern.
So hat auch die Angst was Gutes
Was uns passiert, was uns ängstigt, bringt häufig einen positiven Lerneffekt mit sich. Sogar eine aufgebrachte Kundin. Gut, dass uns ab und zu solche Menschen über den Weg laufen.
Anmerkung: Krankhafte Angststörungen sind mit diesem Artikel nicht gemeint. Sie zu bearbeiten ist Aufgabe von Therapeuten.
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